Am Ende des Schuljahres hatte sich die lange Probenarbeit im Literaturkurs der Q1 gelohnt, denn über 200 interessierte Theaterfreunde folgten der Einladung in die Turnhalle des Liebfrauengymnasiums, um die Interpretation des Stücks "Die Welle" von Morton Rhue zu sehen. Ein Schuljahr setzten sich die 10 Schüler:innen gemeinsam mit ihrem Lehrer, Herrn Schaefer, mit dem inhaltlich herausfordernden Thema auseinander und entwickelten ihre Adaption eines Werks, das seit Jahrzehnten in Deutschland zur englischsprachigen und deutschen Schullektüre gehört und das vielfach ausgezeichnet wurde. Die nachhaltig beeindruckende Darbietung zeigte, dass die Akteur:innen ihre eigene Lesart des Stückes entwickelten und die Handlung in jeder einzelnen Rolle gekonnt in Szene setzten.
Ein Unterrichtsversuch, der zu weit geht...
Ein junger Lehrer, Mr. Ross - überzeugend gespielt von Dustin Kreipe - beschließt, mit den Schüler:innen seines Geschichtskurs – in ihren Rollen authentisch dargestellt von Johannes Kemper, Nico Meisel, Axel Gerber, Felix Bökenföhr, Amely Altunkaynak, Julie Geismar, Laurenz Junker und Joshua Güth – ein ungewöhnliches Experiment durchzuführen. Sein Ziel ist es, den Schüler:innen zu zeigen, dass die Anfälligkeit für faschistoides Handeln und Denken nicht etwas ist, das nur andere Menschen betrifft. Doch die „Welle“, wie er seine „Bewegung" nennt, löst aus, dass er die Kontrolle über seinen Kurs verliert und ihn sein Vorhaben zu überrollen scheint. Sein Unterrichtsversuch gerät aus den Fugen. Das Experiment „Die Welle" zeigt in der Umsetzung des Literaturkurses eindrucksvoll, wie leicht Jugendliche manipuliert und instrumentalisiert werden können. Auch leise und laute Gegenwehr unterdrückt die neu gegründete Gemeinschaft und schlägt sie wortwörtlich nieder. Unter Einbezug des Publikums geht „Die Welle" auf Mitgliederfang und wird so - nicht nur im dargestellten Schulalltag - immer bedrohlicher. Die Mitglieder schrecken nicht vor alten Freundschaften zurück, Außenseiter sind plötzlich en vogue und selbst die Ehe des Lehrers – in der Rolle der Ehefrau: Lily Jost – gerät aus den Fugen, da „Die Welle" immer mehr Raum einnimmt. Mr. Ross konfrontiert schließlich die Gruppe mit einer Szene Hitlers und öffnet ihnen allen so schließlich die Augen, mit welch einfachen Mittel sich alle haben beeinflussen lassen.
Alle Schauspieler:innen zeigten eine textsichere und schauspielerisch professionelle Leistung, die einem Literaturkurs hoch anzurechnen ist.
Morton Rhue sagt über seine Bücher: „Gute Jugendliteratur soll dem Leser helfen richtige Entscheidungen zu treffen." Diese Prämisse des Autors setzte der Literaturkurs perfekt um und trug dazu bei, dass die vielen Zuschauer:innen für diese „richtigen Entscheidungen" im Leben sensibilisiert wurden.
Mit anhaltendem Applaus und mehreren „Vorhängen" zeigte das zahlreiche Publikum, dass ihnen an diesem Theaterabend ein ganz besonderer Moment geschenkt wurde und goutierte die Leistungen aller Darsteller:innen mit „Standing ovations".
Teaser: Eine Bildergalerie finden Sie in den nächsten Tagen an dieser Stelle!